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SUMMER of ENGINEERING 2016

SUMMER of ENGINEERING 2016

FIT FÜR DIE ARBEITSWELT

FIT FÜR DIE ARBEITSWELT VON MORGEN Wo bleibt der Mensch in der Vision der totalen Vernetzung? Der digitale Wandel stellt nicht nur die Gesellschaft, sondern auch den einzelnen Menschen vor neue Herausforderungen – nicht zuletzt am Arbeitsplatz. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat deshalb im vergangenen Jahr den Dialogprozess Arbeiten 4.0 in Gang gesetzt. Die Digitalisierung, wenn sie richtig gestaltet wird, bringt große Chancen, und zwar sowohl im Hinblick auf die wirtschaftliche Entwicklung, als auch für gute Arbeit und die Souveränität der Beschäftigten. Wenn unsere Unternehmen weiterhin innovativ sein sollen, brauchen wir motivierte Arbeitskräfte. Um das zu erreichen, muss digitale Arbeit gute Arbeit sein. Und die Qualifikationen der Beschäftigten müssen beständig weiterentwickelt werden. Nur so bleibt jeder Beschäf tigte fit für die Arbeitswelt von morgen. Welche politischen Gestaltungsmöglichkeiten gibt es für die Arbeitswelt der Zukunft? Zunächst ist festzustellen, dass unser geltendes Arbeitsrecht viele Spielräume bietet, um auch aktuellen Herausforderungen gerecht zu werden. Bereits in der Vergangenheit war es oft so, dass neue Entwicklungen weniger gesetzgeberische Antworten verlangten, als innerbetriebliche Lernprozesse. Vor dem Hintergrund der bewährten Sozialpartnerschaft in Deutschland, ist hier mehr möglich, als mancher denken mag. Auch die Politik muss offen sein für Räume des Experimentierens und des Lernens. Konkret lässt sich dies beispielsweise in der Arbeitszeitpolitik denken. Die Bedürfnisse der Arbeitnehmer verändern sich, auch in verschiedenen Lebensphasen. Es gilt daher, neue Flexibilitätskompromisse zu verhandeln, die sowohl den Anforderungen der digitalen Arbeitswelt, wie auch den familiären und gesundheitlichen Bedürfnissen der Beschäftigten Rechnung tragen. www.bmas.de DIE QUALIFIKATIONEN DER BESCHÄFTIGTEN MÜSSEN BESTÄNDIG WEITERENTWICKELT WERDEN ARBEIT 4.0 THORBEN ALBRECHT Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Soziales Berlin

WIE VERÄNDERT DIE DIGITALISIERUNG UNSEREN ARBEITSALLTAG UND WELCHE CHANCE BIETET INDUSTRIE 4.0 ? PROF. DR. KERSTIN JÜRGENS Leitung des Fachgebiets Mikrosoziologie Universität Kassel Mit „Arbeit 4.0“ ist ein Wandel angesprochen, der die bisherigen Strukturen der Arbeitswelt in Bewegung setzt. Es kristallisieren sich globale Vernetzungen und Geschäftsmodelle heraus, die neue Tätigkeitsfelder und vielfältige Arbeitsrealitäten hervorbringen, zugleich aber auch Fragen nach der Gestaltung von Arbeit und Beschäftigung aufwerfen. Menschen knüpfen große Erwartungen an den technologischen Fortschritt, wie z.B. eine Reduktion überlastender Anforderungen oder eine bessere Balance der Lebensbereiche. Ließe „Arbeit 4.0“ solche Hoffnungen außer Acht, würde sie ihr innovatives Potenzial schnell verspielen. Über Inhalt und Umfang der digitalen Transformation gibt es derzeit viele und teilweise dramatisierende Spekulationen. Vor diesem Hintergrund ist es angeraten, sich an aktuellen Studien zu orientieren, die aber nicht mit exakten Prognosen verwechselt werden sollten, denn dafür sind die bevorstehenden Veränderungen zu komplex. Die Mehrzahl der aktuellen Studien kommt übereinstimmend zu der Aussage, dass sich die Beschäftigtenstruktur verändern wird. Es wird weniger Tätigkeiten in den Fertigungsberufen, dafür mehr wissensintensive Tätigkeiten geben. Einfache, routinisierbare Tätigkeiten werden verdrängt, neue hochqualifizierte Tätigkeiten werden geschaffen. Unterschiedlich eingeschätzt wird die quantitative Beschäftigungsbilanz. Die meisten Studien gehen, im Gegensatz zu einigen reißerischen Medienmeldungen, von moderaten Veränderungen aus. Eine neuere Studie im Auftrag des BMAS kommt sogar zu der Einschätzung, dass es bei einer forcierten Förderung der Digitalisierung bis zum Jahr 2030 etwa 250.000 neue Beschäftigungsverhältnisse in Deutschland geben wird. Aber auch aus dieser Studie lässt sich eindeutig folgern, dass Maßnahmen einer gezielten Förderung der Aus- und Weiterbildung dringend notwendig sind. Besonders wichtig ist die Qualifizierung von Un- und Angelernten, denen andernfalls droht, von dem bevorstehenden technologischen Wandel abgehängt zu werden. DETLEF GERST beschäftigt im Ressort „Zukunft der Arbeit“ beim IG Metall-Vorstand, Frankfurt SUMMER of ENGINEERING 2016 37